Heiliger Berg AthosInnenansichten eines Phänomens Der nordöstlichste Finger der Chalkidiki ist die Halbinsel Athos. Sie ist etwa 50 km lang, zwischen 5 und 10 km breit und verläuft in südöstlicher Richtung. Am südlichen Ende erhebt sich 2033 m aus dem Meer der Berg Athos.
Viele Male besuchte ich schon den Heiligen Berg, viele Freunde gewann ich, zahllose Gespräche bereicherten ebenso wie gemeinsames meditatives Schweigen im Angesicht des abendlichen strahlenden Marmorkegels Athos. Athos ist Halbinsel, Berg und Heimat vieler Männer. Nur Männer!
Hier auf dem Athos endet die Welt der weltlichen Frauen. Ihnen ist seit mehr als 1200 Jahren der Zutritt verboten. Hier ist das Reich der Mutter Gottes und ihrer Diener, der Mönche des Heiligen Berges. Viele Jahrhunderte vergingen, zahllose Heimsuchungen und Verwüstungen waren zu überstehen, immer noch streben die Mönche, das Taborlicht, das unerschaffenen Licht, zu schauen. Immer noch sind sie bemüht, gegen jede Versuchung Stufe um Stufe der beschwerlichen Leiter des Johannes Klimakos hinauf an die Seite Gottes zu steigen. Die Klöster des Heiligen Berges sind nicht nur steingewordener Ausdruck der Religiosität unzähliger Generationen von Gläubigen, sie sind auch Kultur- und Kunstdenkmäler für die ganze Welt. Sie allein sind dennoch nicht der ganze Athos. Ein befreundeter Eremit beschrieb es anschaulich: „Die Klöster mit den zahlreichen Pilgern bilden die Schnittstelle zur Außenwelt – das Herz des Athos schlägt in den Kellia und Kalywa“. Erst wer das harte Leben des Eremiten kennen gelernt hat, wird den Athos besser verstehen können. Dabei schließen sich Moderne und Altertum nicht aus. Eine E-Mail aus einer Einsiedelei, einem Asketirion, ist heute nichts Ungewöhnliches mehr. Historie des Heiligen Berges · Bereits im 6. Jahrhundert v. Chr. bevölkern griechische Siedler den Athos· 492 v. Chr. zerschellt die Flotte des Perserkönigs Darius mit 300 Schiffen und 20.000 Menschen am Kap des Athos, Hellas entgeht dem Überfall der Perser.· Erste christliche Einsiedler ziehen 600 n. Chr. in die Abgeschiedenheit. · Ab 726 entzündet sich der Streit um die Abbildungen des Göttlichen und Heiligen, der Bilderstreit oder Ikonoklasmus. Im Verlaufe der erbitterten Auseinandersetzungen verlassen viele Mönche Byzanz, werden zahllose Ikonen vernichtet, aber etliche auf den Berg Athos gerettet. Um diese Rettungen ranken sich zahlreiche Mythen und Zuschreibungen von Wundertaten. Erst 843 beendet Kaiserin Theodora den langdauernden Streit.· Zur gleichen Zeit werden heilige Männer auf dem Berg urkundlich erwähnt.· Um 840 lebt Petros der Athonit 53 Jahre in einer Höhle der Steilküste, der Eremos; Efthymios der Jüngere folgt als Wundertäter gegen 860.· 874 befreit Baseilios der Erste in einer Goldsiegelbulle die Mönche des Athos von Steuern. · Abaton, das Verbot des Zugangs von Frauen, wird erstmals 883 erwähnt.· Athanassios der Athonit gründet 963 Megisti Lawra als erstes Athoskloster, nach 972 folgt die Gründung von Vatopaidi.· 972 wird die erste Verfassung des Athos unter Kaiser Joannis Tsimiskos auf einer Bockshaut (Tragos) festgehalten.· Gründung von Iwiron als georgisches Kloster.· 1045: Eine Goldsiegelbulle von Kaiser Konstantin IX. Monomachos bestätigt die Bezeichnung „Heiliger Berg“.· 1922 schreiben die Verträge von Lausanne die Unabhängigkeit der Mönchsrepublik Athos fest. VerwaltungAuf dem Athos leben derzeit etwas über 2000 Mönche. Die gesamte Halbinsel ist im unveränderlichen Besitz von 20 Klöstern und wird regiert von der im festgelegten Rhythmus wechselnden Heiligen Regierung (Iera Epistasia) und der Verwaltung (Iera Koinotita). Epistasia und Koinotita haben ihren Sitz in der Hauptstadt Karies. Den Klöstern zugehörig sind 12 Mönchsdörfer (Skiten), die sich in Aufbau und Organisation nicht von ihnen unterscheiden. Zugehörig sind auch alle Kellia und Kalywes; Kellia mit zwei bis fünf Mönchen, Kalywes mit ein oder zwei Mönchen wie auch Einsiedeleien mit nur einem Eremiten beherbergen die Mehrzahl der etwa 2000 Athos-Bewohner.Das heutige Karies ist eine Mischung aus verfallenden Gebäuden vergangener Zeiten, der prachtvollen, von Panselinos ausgemalten Protaton-Kirche, dem Sitz der Heiligen Regierung, Tragos-Turm, Restaurant, Läden, Omnibusparkplatz und der Taxizentrale. Neubauten prägen das neue Bild von Karies ebenso wie umfangreiche Sicherungsmaßnahmen für Protaton-Kirche und Tragos-Turm. Am Horizont erhebt sich über all dem an schönen Tagen die Silhouette des Heiligen Berges. WegeVon den zahllosen Schönheiten der Natur und des menschlichen Schaffens auf dem Athos können in diesem Rahmen nur wenige dargestellt werden. Begeben wir uns auf den Weg, möglichst zu Fuß, um wenigstens einige davon kennen zu lernen. I. M. DochiariouKuppel und Gewölbe des Katholikons sind in Goldmosaik ausgeführt. Die Wandmalereien des Kreters Tzortzis von 1568 wie zum Beispiel die Himmelsleiter des Johannes Klimakos sind weltberühmt. I. M. Panteleimonos (Rossikon)Das russische Großkloster sprengt alle bekannten Dimensionen auf dem Athos. Um 1900 konnten hier mehr als 2000 Menschen wohnen, allein die Trapeza bietet mehr als 800 Personen Platz. Die Doppelkirche im vierten Stock blendet den Pilger mit reichem Goldschmuck, die sogenannte Zarenglocke im beherrschenden Glockenturm wiegt 12 Tonnen. Der volle Klang der Glocke trägt an Festtagen unglaublich weit über den Athos. Glücklich der Pilger, dem der Gastpater ein Zimmer mit Meerblick zuweist. Vom Bett aus dem Untergang des glühenden Sonnenballs in ein goldstrahlendes Meer zuzusehen ist ein unvergleichliches Erlebnis. I. M. DionysiouMalerisch liegt das Kloster auf einem Felsen hoch über dem Meer. Gegründet 1375 vom Mönch Dionysios bergen Katholikon, Portikus und Trapeza wunderbare Fresken der kretischen Schule, unter anderem Heimholung Mariens, den ältesten Apokalypse-Zyklus, Himmelsleiter des Johannes Klimakos und die Verstoßung Luzifers. Die wundertätige Ikone der Panagia des Akathistos ist nur ein, wenn auch besonders wertvoller, Bestandteil der umfangreichen Schatzkammer. I. M. Simonos PetrasDas vom Einsiedler Simon gegründete Kloster Simonos Petras liegt hoch über dem Meer. Es wurde leider 1990 beim großen Brand auf dem Athos vieler seiner Sehenswürdigkeiten beraubt. An Festtagen bietet die Trapeza Genüsse für alle Sinne. Große Ikonen, gutes Essen und ein wunderbarer Blick auf das Meer entschädigen etwas für die schlimmen Folgen der Brandkatastrophe. I. M. PawlouIm Schatten des Heiligen Berges Athos liegt das dem Heiligen Georg geweihte Kloster Agiou Pawlou. Es wird 1259 in einer palaiologischen Goldbulle erwähnt und seine Besitztümer bestätigt. Besonders zu erwähnen ist eine kleine Kapelle im Isonarthex mit Wandmalereien von Andronikos aus Byzanz, die dieser 1423 ausführte I. M. KoutloumousiouNahe bei Karies liegt Kloster Koutloumousiou, leicht zu erreichen für den Pilger. Das große, derzeit renovierte Kloster enthält ein 1540 gebautes Katholikon mit vollständigem Freskenprogramm. Im Isonarthex Platytera und Kreuzigung der kretischen Schule. Auch der Epirus ist mit Georg von Ioannina vertreten. Im vollständig ausgemalten Exonarthex ist eine unglaubliche Fülle von Darstellungen zu bewundern. Bewacht wird dies alles von der Marienikone Panagia Phoweras Prostasias, der furchterweckenden Beschützerin. FreskenHier ist es an der Zeit, die Fülle der Wandmalereien auf dem Berg Athos zu erwähnen. Von Panselinos bis Theophanes, von kretischer Schule bis zu den Fresken des 18. Jahrhunderts – jedes Kloster und jede kleine Kapelle trägt zum überwältigenden Gesamteindruck bei. Ob die Himmelsleiter des Johannes Klimakos, der reitende Tod und die große Hure Babylon aus der Apokalypse bis hin zur Himmelfahrt Mariens, stets legen die Bilder Zeugnis großen Glaubens ab.I. M. StawronikitaWie eine Burg erhebt sich das Kloster Stawronikita über dem Meer. Während langer Zeiten mussten alle Klöster sich der Angriffe von Piraten und anderen Gegner erwehren. Die Bauformen künden noch heute von diesen schweren Zeiten. Das Katholikon von Stawronikita dürfte mit der Protaton-Kirche in Karies die wohl schönste Kirche des Athos sein. Theophanes der Kreter schuf die berühmten Wandmalereien, welche die Wände der Kirche über und über bedecken. I. M. Megisti LawraDas älteste und größte Kloster des Athos beherbergt wunderschöne alte Fresken im kretischen Stil aus dem 14. bis 16. Jahrhundert, zahlreiche berühmte Ikonen wie zum Beispiel die Marienikone „Koukouzelissa“, viele Handschriften und Reliquien und die Krone des Kaisers Nikephoros Phokas. Der größte Weihwasserbrunnen (Phiali) des Athos wird überschattet von der angeblich noch vom Gründer Athanasios gepflanzten Zypresse. AufstiegOb von der Skite Agia Anna aus, dem Arsanas der Karoulia oder der Skite Kafsokalywia; immer ist der Weg sehr schön und steil. Sehr steil! 2033 m steigt der Athos aus dem Meer. Naturgenuss pur beim Wandern durch heiße Hohlwege und schattige Wälder. Viele Pflanzen sind ausschließlich auf dem Athos zu finden. Eine geruhsame Rast am Athoskreuz auf 800 m Höhe ist angebracht, um Aussicht und Erholung zu genießen. Immer nach oben – der Weg ist nicht zu verfehlen. Wir kommen an der Panagia-Kapelle auf 1500 m vorbei. Eine letzte Anstrengung. Dann sitzen wir oben auf dem Gipfel des Heiligen Berges der Orthodoxie vor Kreuz und Kapelle Metamorphosis Sotiriou und bewundern im Nachmittagslicht den Schatten des Berges, der sich weit hinaus auf das Meer erstreckt. Mythologie eines Heiligen Bergesv Die Halbinsel des Athos zeigt nach Jerusalem. Die Linie nach Jerusalem schneidet Ephesus, den Ort, an dem die Gottesmutter lebte.v Paulus verkündete das Evangelium an vier Orten: Philippi, Athen, Thessaloniki und Troja. Diese Orte können durch ein Kreuz verbunden werden, in dessen Mittelpunkt der Athos liegt.v Der Schatten des Berges weist nach Konstantinopel. Vom Gipfel ist an schönen Tagen diese Stadt zu sehen.v Die Spitze des Berges weist zum Himmel. www.mountathosinfos.gr |